Trotz vom Staat gestrichenen Zugverbindungen und Polizeiblockaden kommen 100 000 Menschen, teils über Kilometer lange Fußmärsche. Es ist eine Massenmobilisierung in eine Stadt, die die Staatsgewalt unterbinden will, indem sie den Zugang zum Ort des Protests einschränkt. Das war vor genau einem Monat der Fall in der zweitgrößten Stadt Serbiens, in Novi Sad, zum Jahrestag des Dacheinsturzes am dortigen Bahnhof, der 16 Menschen das Leben kostete und eine Bewegung auslöste, die bis heute anhält. Den, dass es zum Einsturz kam, so die allgemeine Annahme, liegt an der weit verbreiteten Korruption und der Konsequenzlosigkeit von Rechtsbrüchen in Serbien, dass bis heute keine Transparenz zu den Baumaßnahmen am Bahnhof geschaffen wurde, bestärkt diese Lesart nur. Doch das dafür verantwortliche Regime von Aleksandar Vučić, konnte trotz der über die vergangenen 13 Monate immer weiter angewachsenen Proteste bis heute im Amt bleiben. Die Frage, die niemand beantworten kann, ist: wie lange noch? Denn die Proteste gehen immer weiter und fordern konsequent demokratische und transparente Neuwahlen. Doch das Regime von Vučić hat seine Reaktion in der Form von Schauprozessen und Gewalt auf der Straße nur verschärft. Eine Zwischenbilanz an einem möglichen Kipppunkt.
